Glockenrecht

Der Glockenton fasziniert nicht nur den einfachen Mann, sondern er ist auch ein wissenschaftliches Rätsel. Er besteht aus dem primären Schlagton und den sogenannten Heultönern, die einen Dreiklang bilden. Darum redet man auch von der gotischen Dreiklangrippe. Der Schlagton selbst existiert nicht, da er aus einem Frequenzgemisch zusammengesetzt erst in unseren Ohren entsteht. Das haben neueste Studien festgestellt. Somit hört jeder als akustische Täuschung eine Glocke ganz individuell läuten.

Hier folgender Hinweis: Wenn sich jemand beschwert über ein Glockenläuten und dabei über eine lärmende Belästigung spricht, dann stößt er dabei meistens auf Unverständnis.

Für den Betreffenden aber kann Glockenläuten tatsächlich als Lärm belastend sein, weil er die Glocken eben nur als Lärm hört und nicht als wohlgefälliges Schlagen!

Wie laut Kirchenglocken allgemein in ihr Umfeld hineinschallen dürfen und für wie lange dieses zumutbar ist, erfahren sie in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes:

“Dreimal am Tag läutete die Kirchenglocke zum Angelusgebet - Hausbesitzer, die vom Glockenturm nur zehn Meter entfernt wohnten, waren genervt. Sie forderten von der Baubehörde, das liturgische Glockenläuten zu verbieten. Obwohl es den zulässigen Mittelwert für Lärm in einem allgemeinen Wohngebiet (laut Gutachten eines Sachverständigen) überschritt, konnten sich die Hausbesitzer nicht durchsetzen und unterlagen auch vor Gericht. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte, hier komme es weniger auf den Mittelwert an; entscheidend sei vielmehr der "Wirkpegel des Einzelgeräuschs" (4 B 152.96). Dieser betrage 80,2 dB(A), zulässig seien 85 dB(A). Außerdem gab das Gericht zu bedenken, daß das liturgische Läuten im herkömmlichen Rahmen keine "erhebliche Belästigung", sondern eine zumutbare "sozialadäquate Einwirkung" darstelle. Ab welchem Geräuschpegel die Glocken zu laut seien, könne nicht abstrakt, sondern nur durch eine Abwägung zwischen Lärmschutz und Religionsausübung beantwortet werden.”

Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. September 1996 - 4 B 152.96

Fazit: Der Einzelne hat wenig Chancen, sich zu wehren. Aber Verständnis, von seinem Umfeld ausgehend, erleichtert ihm das Leben mit dieser Plage.