Sicherheits-Vorschriften-Glockentechnik
S-V-G
Motoren
M1. Eine Glocke darf nur von einem Motor angetrieben werden, der eine Drehzahl von 500 Umdrehungen pro Minute nicht übersteigt.
M2. In dem Motor muß ein Rundstabläufer eingebaut sein. Widerstandsläufer oder Stromverdrängungsläufer sind nicht zulässig.
M3. Beim Anschluß des Motors an das Netz ist die VDE 0100 Teil 410 einzuhalten. Ein Motorvollschutz ist durch eine eingebaute Thermosicherung zu gewährleisten.
M4. Das zum Antrieb zugehörige Seilrad darf nicht kleiner sein als der Schärfendurchmesser der Glocke und nicht größer als max +15 %.
M5. Ab einem Glockengewicht von 100 kg muß jeder Motor, auch bei Einzelglocken, eine Bremse haben, die als Bremslüfter ausgeführt ist. Die Bremskraft darf ein Drehmoment von 5 Nm nicht
übersteigen. Bei kleinen Glocken bis 400 kg ist die Bremskraft auf 3 Nm zu begrenzen.
M5a. Die Bremse darf erst einsetzen, wenn die Glocke, nach dem Abschalten des Antriebes, in geringerer Elovation schwingt und zu einseitigen Anschlägen neigt. Eine Vollbremsung sofort nach
dem Abschalten ist nur in Notfällen erlaubt.
M5b. Eine abgebremste Glocke sollte nach dem Stillstand die Möglichkeit bekommen, sich lotrecht auszupendeln. Dazu darf die Bremse kurzfristig wieder gelüftet werden.
M6. Die Antriebskette darf nicht stramm gespannt werden und muß sich seitlich leicht 30 mm bewegen lassen, wie bei einem Motorrad.
Steuerung
S1. Die Montage einer vollelektronischen Glockensteuerung im gleichen Raum oder unmittelbarer Nähe mit einer Funkantenne ist grob
fahrlässig und verboten
S2. Die Steuerung soll dem Handläuten nahe kommen. Sie muß eine kontinuierlich arbeitende Wendeschützschaltung besitzen, wo Zeitrelais die Schaltdauer in Abhängigkeit zur Glockenschwingung
bestimmen. Sie schalten den Motor am Wendepunkt ein, sobald die Glocke sich wieder zurückbewegt und hinter dem Nulldurchgang wieder ab, so daß die Glocke frei ausschwingen kann. Ein Schalten während des Laufes ist
zu vermeiden und kurze, impulsartige Schaltzeiten vor oder hinter dem Nulldurchgang sind unzulässig.
S2a. Verwendet man statt der Zeitrelais eine vorgeschaltete Elektronik, so sind inkrementale Meßwertgeber aus laufender Produktion von einem Hersteller mit GS und VDE Zeichen,
mindestens IP44 und Delta t = >-20° C < +50° C , die man am Glockenjoch befestigt, zu montieren. Eine Montage am Motor selber ist bedingt zulässig, sofern eine ausreichende Schirmung zum Laststromkreis
gewährleistet ist.
Die Steuerkabel für vollelektronische Glockensteuerungen sind grundsätzlich von Starkstromkabel getrennt in einem Kabelkanal mit Mittelsteg oder in zwei Kuparohren zu
verlegen. Der Schaltkasten muß komplett aus Stahlblech hergestellt, in Schutzart mind. IP44 und Standortgeerdet sein, um eine ausreichende elektrische und hydroskopische Schirmung zu gewährleisten. Die Steuerkabel
selber müssen ebenfalls als abgeschirmte Leitung ausgeführt sein, wobei dir Schirmung selber auf
(!!!) Erdpotential (!!!) liegt.
S3 Bei jeder Art von elektonisch geregelter Steuerung müssen Abwurfelemente 50 mm hinter dem Laufweg auf der Kette montiert werden. Ausnahme ist hier die Steuerung der Wendeschütze mit
Zeitrelais, sofern der Motor bis hinter dem Nulldurchgang schaltet und die Übersetzung Seilrad - Motor im richtigen Verhältnis dimensioniert ist.
S4. An jeder Steuerung und an jedem Motor muß ein Not Aus Taster montiert werden, der bei Auslösung die gesamte Anlage abschaltet. Beim Anschluß der Steuerung an das Netz ist die VDE 0100 Teil 410 einzuhalten.
S5. Eine Steuerung mit der Funktion, wie unter S1 beschrieben, als Anlaufschaltung und der nachfolgenden Betriebsschaltung 2 Phasenlauf ist jeder anderen Steuerungsart vorzuziehen.
Turmtechnik
T1. Der Anschluß des Glockenstuhles oder eine der elektrischen Komponenten an den Blitzableiter ist grob fahrlässig und verboten.
T2. Resonanzfälle der Glocken mit dem Turm sind unverzüglich dem zuständigen Bauamt zu melden. Die Anlage ist dann vom Glockentechniker bis auf weitere Entscheidung vom Bauamt vom Netz zu
trennen.
T3. Eine ausreichende Beleuchtung des Turmaufstieges, wenigstens mit befestigten Leitern besser aber mit Treppen, ist erforderlich. Für durch mangelhafte Beleuchtung entstandene Unfälle
oder defekte Aufstiegsmittel und Fußböden haftet die Kirchengemeinde. In der Glockenstube muß eine blendfreie, durchschnittliche Beleuchtung von mind. 300 Lux vorhanden sein. Halogenstrahler sind als
Beleuchtungsmittel hier, wegen zu hoher Leuchtdichte und Hitzeentwicklung, verboten.
T3a. Angemessene Turmaufstiegsmittel sind Holzleitern und Holztreppen.
T3b. Angemessene Beleuchtungsmittel im Turmaufstieg sind Schiffsarmaturen mit einer 40W Glühlampe die eine durchschnittliche Beleuchtungsstärke von 100 Lux erzeugen, und im Glockenstuhl
wenigstens zwei an der Decke montierten 58 Watt Leuchtstofflampen warmweiß, ab einer Grundrißfläche von 4m x 4m und ab 2m Höhe. Darunter ist eine 36W Leuchtstofflampe oder zwei Schiffsarmaturen mit je 40 W Glühlampe
ausreichend.
T4. In jeden Glockenturm sind wenigstens ein Nistkasten für Turmfalken sowie Ruhemöglichkeiten für Fledermäuse zu installieren und regelmäßig nach Bedarf zu säubern.
T5. Glockentürme sind grundsätzlich verschlossen zu halten und dürfen nur unterwiesenem Fachpersonal zugänglich gemacht oder in Begleitung derer geöffnet werden.
Glockenstuhl
G1. Das für neue Konstruktionen verwendete Holz muß folgende Kriterien erfüllen: Eiche, mindestens Güteklasse 2, allseitig gehobelt und gefaßt. Der Schutzanstrich darf nur mit
naturidentischen Mitteln erfolgen, die keinerlei Auswirkung auf im Turm lebende Tiere haben.
G2. Der Glockenstuhl muß als eigenständige, freitragende Konstruktion in der Glockenstube aufgestellt werden und darf keinen Kontakt zu den Turmwänden haben. Es darf auch kein voller
Kontakt mit dem Fußboden bestehen. Daher sind die Fundamentbalken des Stuhles auf Eichenholzplatten oder aber Kautschukmatten zu stellen, die einen Abstand von ca. 60cm zueinander haben. Auf jeden Fall müssen aber
die Eckpunkte des Glockenstuhles und kraftauffangende senkrechte Stützbalken damit unterlegt werden.
G3. Zulässige Verbindungselemente sind Holznägel, Holzdübel, Verzapfungen und durchgehende Schraubverbindungen ab M16, verzinkt in 4.6 Güte. Seitlich montierte Spannelemente entsprechen
zwar nicht einer traditionellen Verschraubung, bringen aber auch keine direkten Nachteile, wenn sie wenigstens mit einer durchgehenden Schraube ab M16, verzinkt in 4.6 Güte gesichert sind. Auf keinen Fall darf ein
Glockenstuhl nur zusammengeleimt oder mit dünnen Spackschrauben verschraubt werden, auch wenn man dabei Eisenwinkel verwendet.
Die Joche
J1. Holz, welches für den Bau eines neuen Glockenjoches verwendet wird, muß Eiche sein, wenigstens 50 Jahre alt, möglichst aus meheren Bohlen zusammengeleimt und einen Aufsatz besitzen, der
mindestens die Hälfte der Jochfläche belegt und genau so hoch ist, wie das Joch selber.
J2. Das Material für die Zapfen muß höherer Güte wie ST37 sein. Die Zapfen dürfen vom Vierkant abgedreht werden, wenn man zur Vermeidung einer Sollbruchstelle einen übergroßen Radius im
Zentelbereich als Übergang andreht.
J3. Die Befestigung der mittig fast bündig eingelassenen Vierkantzapfen, deren Länge ein Viertel des Joches betragen sollte, erfolgt am Ende mit einem Eisenband, das als U ausgeführt das
Holz bündig umschließt und den Zapfen in das Holz bündig eindrückt. An den Enden des U Bandes dürfen Schrauben eingeschweißt sein, die zur Befestigung mittels eines aufgelegten Locheisens mit Muttern dienen. Bei
Verwendung von Stoppmuttern ist eine Abkonterung nicht erforderlich. Das zweite Ende des Vierkantzapfens darf nur mit einer durchgehenden Schraube, mindestens M16, Güte 8.8, verzinkt, Unterlegscheiben,
Sicherungsring und Mutter gesichert werden.
J4. Zwei durchgehende Schrauben an einem Vierkant mit angedrehtem Zapfen sind verboten.
J5. Nicht zulässig ist das Einschlagen von Eisenteilen in das Eichenholz. Erlaubt sind Schraubverbindungen, die man wieder entfernen kann oder das Einschlagen von Holzdübeln oder
Holznägeln.
J6: Der Holzschutz des Joches darf nur mit naturidentischen Mitteln erfolgen, die keinerlei Auswirkungen auf lebende Tiere im Glockenturm haben.
Anschlaghämmer
A1. Ein Anschlaghammer darf als Fallhammer oder Zughammer ausgeführt werden. Als Zughammer muß die Steuerung zusätzlich eine Einschaltbegrenzung im 100-500 Millisekundenbereich besitzen.
Das gleiche gilt bei Verwendung von zulässigen Magnethämmern.
A2 Ein Anschlaghammer darf niemals in eine läutende oder ausklingende Glocke schlagen. Dafür ist eine elektrotechnische Verriegelung zu installieren, die wirksam ist, bis das die Glocke zum
Stillstand kommt.
A3. Bei Stahlglocken muß der Anschlaghammer auch mit einer Broncebacke bestückt sein.
Klöppel
K1. Ein Klöppel muß als Elipsoidklöppel ausgeführt werden. Bei Stahlglocken sind zusätzlich Bronceanschlagbacken einzusetzen.
K2. Die Klöppelaufhängung muß aus der Glocke mittels Schraube auf dem Joch herausnehmbar sein.
K3. Der Klöppel wird an der Klöppelaufhängung mit nur einem Lederband aufgehangen, daß zusätzlich von einem U-förmigen Eisenband umschlossen ist , dessen Seiten bündig zur Wandung der
Klöppelgabel verlaufen.
K4. Der Klöppel darf sich nach oben hin max 10mm und zu den Seiten max. 30 mm bewegen lassen.
Glocke
Glocke1. Eine Bronceglocke darf nur im Winkel von 45 Grad zur Gewinnung neuer Anschlagstellen gedreht werden. Eine 90 Grad Drehung ist verboten. Ausgenommen davon sind Stahlglocken.
Glocke2. Eine Drehung der Glocke ist bei Abnutzung des Schlagringes von mehr als 15 % erforderlich.
Glocke3. Der Schwingungswinkel einer Glocke darf einen gesamten Winkel, den die Symmetrieachse in der senkrechten der Glocke beschreibt, von max. 120 Grad nicht übersteigen
Wartung
W1. Eine Glockenanlage muß einmal jährlich von einem Fachmonteur, zumindest gemäß der Wartungsvorschrift des Beratungsausschusses für das Deutsche Glockenwesen, gewartet werden. Darüber
hinaus muß ein glockentechnisch unterwiesener Handwerker des Metallfaches alle drei Monate eine Sichtkontrolle durchführen.
W2. Vor und nach Wartungsarbeiten der jährlichen Kontrolle müssen alle Glocken einzeln, in Kombination und zusammen geläutet werden. Bei der Sichtkontrolle des Metallhandwerkers genügt ein
kurzes Anläuten jeder einzelnen Glocke.
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