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Diverses “ geklautes “ aus dem Internet über Kirchenglocken finden sie hier.

Die Kaiserglocke: Größte deutsche glockentechnische Tragödie

Am 10. Dezember 1870, in der Mitte des deutsch-französischen Krieges, schrieb der Zentrale Dombauverein (ZDV) einen Bittbrief an die preußische Regierung. Sie baten um eine Anzahl erbeuteter Kanonen. Die Kanonen sollten für eine Glocke eingeschmolzen werden, die den Schlagton "C" haben sollte und 25-27 Tonnen schwer werden sollte. Als Reverenz gegenüber dem deutschen Kaiserreich sollte sie "Die Kaiserglocke" heißen. Ein halbes Jahr später ließ Wilhelm I. 500 Zentner Geschützbronze von 22 französischen Kanonen den Kölnern zukommen. Der Glockengießer Andreas Hamm erklärte sich bereit, die Glocke zu gießen. Er wurde per Vertrag verpflichtet, den Ton "C" auch genau zu treffen. Doch der erste Guss misslang. Am 13. November 1873 erfolgte ein zweiter Guss. Doch auch dieser Guss war nicht zufriedenstellend. Also Neuguss!! Die Reinheit des Tones konnte immer noch nicht ganz erreicht werden. Aber es wurde kein vierter Guss beschlossen; vielmehr sollten der Klöppel und die Aufhängung geändert werden. Beim Probegeläut wurde jedoch festgestellt, dass statt einem gefordertem "C" die Glocke ein hohes "Cis" angibt, welches dem Ton "D" sehr nahekommt. Doch es kam noch schlimmer! Am 7. August 1878 wurde die Kaiserglocke in den Südturm hinaufgezogen. Gut zwei Dutzend Deutzer Kürassiere hingen in den Seilen, wenn die Kaiserglocke läuten sollte. 30 Jahre lang misslangen die Versuche, wenigstens einen technisch einwandfreien Anschlag zu erzielen. Im Volk wurde die Kaiserglocke "Die große Schweigerin" oder einfach "Die Stumme von Köln" genannt.
Am Pfingstsamstag, dem 6. Juni 1908, löste sich der Klöppel der Kaiserglocke und stürzte ins Eisenwerk des Glockenstuhls. Die Glocke, 3,25 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 3,42 Metern und wiegt 27075 Kilogramm. Der Klöppel ist 1050 Kilogramm schwer und besitzt eine Länge von 3,13 Metern. Am 19. Juni 1909 installierte man nach zahlreichen Änderungen eine elektrische Läutemaschine. Bei dieser Gelegenheit wurden alle Glocken mit Läutemaschinen ausgerüstet. Bis dahin waren für ein volles Geläut 53 Mann erforderlich. Jetzt konnte auch die Kaiserglocke endlich technisch einwandfrei geläutet werden.
Von März bis Juli 1918 wurde die Glocke zerlegt und für die Herstellung von Waffen eingeschmolzen. Von der Glocke selber ist nur noch eine Sache vorhanden: Ein vorübergehend benutzter Kugelklöppel. Er befindet sich heute in der Glockenstube und liegt vor der Petersglocke.

Größte freischwingende Glocke der Welt

Der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer und Erzbischof Schulte setzten sich dafür ein, dass Köln endlich einen Ersatz für die Kaiserglocke bekam, die im ersten Weltkrieg eingeschmolzen werden musste. Zuerst wollte keiner die neue große Glocke gießen. Zahlreiche Glockengießer aus ganz Europa passten - das Risiko war ihnen zu groß, der Fall "Kaiserglocke" noch in allzu guter Erinnerung. Schließlich erklärte sich am 31. März 1922 der Glockengießermeister Heinrich Ulrich im thüringischem Apolda bereit, den Auftrag anzunehmen. Am 5. Mai 1923 um 9.30 Uhr war es endlich soweit. Gießer Heinrich Ulrich traf in seiner Werkstatt die letzten Vorbereitungen. Er hatte den Auftrag die größte schwingende Glocke der Welt, die Petersglocke, zu gießen. Dazu musste Herr Ulrich drei Schmelzöfen nebeneinander aufbauen. Als erstes wurde das Kupfer auf über 1200 Grad erhitzt, dann kam es auf den Bruchteil einer Sekunde an. Unter dem Meisterspruch "Hut ab! - Stoß ein in Gottes Namen" setzten Ulrich und seine Mitarbeiter das Zinn hinzu, das aus allen drei Öfen zur gleichen Zeit gestoßen werden musste. Zwei Wochen brauchte das Material zum Erkalten, bevor die Gussform bereit war, sich zerschlagen zu lassen. Zum ersten Mal kam der "Dekke Pitter" mit seiner Inschrift "St. Peter bin ich genannt - schütze das deutsche Land - geboren aus deutschem Leid - ruf' ich zur Einigkeit!" in seiner ganzen Pracht zum Vorschein. Die Freude war unbeschreiblich, als mehrere Proben ergaben, dass die 24 Tonnen schwere Glocke perfekt gelungen war. 

Über eine Millionen Mark kostete das Material für den "Dekke Pitter". Doch die rasende Inflation stoppte das Unternehmen. Nach der Inflation fehlten zur Finanzierung der Glocke immer noch 5000 Dollar. Gut betuchte Kölner spendeten den nötigen Betrag für die "Deutsche Glocke am Rhein", wie sie offiziel hieß. Da die Franzosen das von Engländern besetzte Köln umzingelten, dauerte es bis zum 14. November 1924 bis der "Dekke Pitter" zum Dom gebracht wurde. Auf einem extra hergerichteten Tieflader hatte man das gute Stück in etwa acht Tagen von Apolda nach Köln gebracht. Die damalige Reichsbahn musste für diesen Transport einen eigenen Fahrplan ausarbeiten. Wegen der Ausnahme der Glocke mit einer Höhe von 3,21 Metern, einem Durchmesser von 3,24 Metern und einem Gewicht von 24 Tonnen waren die üblichen Wege von Anfang an ausgeschlossen..

 40000 Kölner drängelten sich am Wegesrand, als die Riesenglocke, geschmückt mit zehn Zentnern Blumen, Bändern und Buchsbaum zum Dom gebracht wurde. Eine gleich große Menschenmenge ließ es sich eine Woche später nicht entgehen, auch die Weihe der Glocke hautnah zu erleben

 Neben den gewaltigen Ausnahmen der Petersglocke verblüffte die Anwesenden die durchdringende Stimme des Kardinals. Die Weihe war nämlich Anlass für eine Premiere: Zum ersten Mal wurde in Köln ein Mikrophon verwendet. Ein paar Tage später erledigten 24 Männer einer Stahlbaufirma acht Stunden lang die Schwerstarbeit, die Glocke in den Glockenstuhl in 55 Meter Höhe zu verfrachten. Der Stuhl hatte zuvor extra verstärkt werden müssen, um der ungeheueren Belastung einer frei schwingenden Glocke standhalten zu können.
Dann kam die Enttäuschung. Der Würde der Glocke angemessen, sollte sie das erste Mal Heiligabend 1924 zu hören sein. Doch ein technischer Fehler verhinderte die Premiere. Erst zehn Monate später, am 28. Oktober 1925 um 12 Uhr, ertönte ihr reines "C" zum ersten Mal in der Domstadt. 268 Treppenstufen über der Domplatte thront der "Dekke Pitter" nun neben sieben kleineren Glocken in der Glockenstube. Einige Glocken davon sind die Pretiosa, die Speciosa, die Dreikönigenglocke und die Ursulaglocke. Wann welche Glocke läuten darf, ist in der Läuteordnung festgelegt. Die Petersglocke kommt nur an den höchsten katholischen Feiertagen zum Einsatz, insgesamt ist das acht Mal pro Jahr. In der Glockenstube ist auch eine Messtafel zu sehen, die die Ausschläge des "Dekken Pitter" beim Läuten verdeutlicht.

World Peace Bell in Kentucky

Milleniumsglocke

Sie wiegt exakt 33 285 Kg, ist 3,50 m hoch, und im Durchmesser 3,78 m. Das Totalgewicht in Bewegung beträgt 44 435 Kg. Der Klöppel aus gehärtetem Stahl wiegt 2650 Kg. Solche Massen können natürlich nicht mehr im Sekundenrythmus bewegt werden. Diese Glocke läutet mit 12 Schlägen pro Minute, und jeden einzelnen Schlag hört man 40 Km im Umkreis. Zur Herstellung der Gussform waren 4000 Ziegel, 150 Tonnen Sand und Schotter, und 350 Kg Wachs notwendig. Das Eingießen des 1023 °C heißen, flüssigen Metalls hat dann exakt 5 min 57 sek gedauert. Per Schiff wurde sie von Frankreich nach Amerika geliefert, wo sie von mehr als 100 000 begeisterten Menschen empfangen wurde. Danach wurde sie anläßlich des amerikanischen Nationalfeiertags in New Orleans der Bevölkerung offiziell vorgestellt, bevor sie an ihrem Bestimmungsort in Newport, Kentucky aufgestellt wurde um dann dort am 1. Jänner 2000 um 00h00 zu läuten.

Kommentar vom Webmaster: Die wahrhaftig größte freischwingende Glocke der Welt bleibt aber der decke Pitter im Kölner Dom, weil man hier an der Mileniumsglocke mit der schweren Kröpfung kräftig gemogelt hat. Dieses ist eher die größte freikippende Glocke der Welt. Von schwingen kann wegen der viel zu tiefen Kröpfung keine Rede mehr sein. Daher bleibt die Meisterleistung Decker Pitter mit 24 Tonnen am geraden Joch unangefochten auf

Platz 1.

Eine der größten und klangvollsten Glocken der Welt im Mariendom zu Erfurt. Gegossen am 8.7.1497 durch Meister Gerhard Wou aus Kampen Gewicht 11450 kg, Höhe 247 cm, Durchmesser 257 cm, Schlagton "e".

Terhardt, E., Seewann, M. (1984). Auditive und objektive Bestimmung der Schlagtonhöhe von historischen Kirchenglocken. Acustica 54, 129-144

Falls ein Glockenklang eine hinreichend vorherrschende Tonhöhenempfindung hervorruft, spricht man ihm eine sogenannte Schlagtonhöhe zu. Je nach den Klangeigenschaften kann die Schlagtonhöhe mit der Tonhöhe eines Teiltones identisch oder auch eine Virtuelle Tonhöhe sein. In zwei verschiedenen Versuchen mit 15 beziehungsweise 11 Versuchspersonen wurden die Schlagtonhöhen von 17 beziehungs weise 137 historischen Kirchenglocken auditiv ermittelt. Bei 3% der Glocken konnte keine signifikante Schlagtonhöhe festgestellt werden. Bei 69% war eine signifikant vorherrschende, hinsichtlich der musikalischen Tonkategorie (jedoch nicht unbedingt der Oktavlage) eindeutige Schlagtonhöhe vorhanden. Soweit sich die Teiltöne in das heute übliche Schema (Unteroktav, Prim, Mollterz, Quint, Oktav, Dezim, Duodezim, Doppeloktav) einordnen lassen, erstreckt sich die Oktavzweideutigkeit auf den Unteroktav- und Primbereich. Die Feinintonation der Schlagtonhöhe liegt im Durchschnitt etwas höher als diejenige des Primtones, dagegen systematisch tiefer als diejenige des Oktavtones. Zur objektiven Bestimmung der Schlagtonhöhe wurde das Tonhöhenberechnungsverfahren nach Terhardt et al. (J. Acoust. Soc. Am., 1982) herangezogen. Bei 79 % der 137 Glocken wurde Übereinstimmung von objektiv und auditiv ermittelter Tonkategorie erzielt. Falls eine Glocke eine hinreichend ausgeprägte Schlagtonhöhe besitzt, kann dieselbe objektiv mit fast völliger Sicherheit ermittelt werden. Als Kriterium der Ausgeprägtheit dient dabei das berechnete Tonhöhengewicht. Falls es den Durchschnittswert aller untersuchten Glocken (0,62) übersteigt, ist dies im genannten Sinne hinreichend. Es zeigt sich, daß das Verfahren auch hinsichtlich der Bestimmung von Oktavlage und Feinintonation realistische Forderungen vollständig erfüllt.

WebMaster: Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentliche ich hier besonderes Fachwissen

Sonder-Ausgabe 2: Aufnahme von Glocken und Erstellung von Glockenspielen
Gastautor:
Rainer Gutberlet
 

Ganz ungewöhnliche Musikinstrumente die wir alle tagtäglich hören sind Glocken in Kirchtürmen oder sonst wo (z.B. der Berner Zeitglockenturm). Wer - für welchen Zweck auch immer - schon einmal Tonaufnahmen von Glocken gemacht hat, hat sich sicher gefragt: "Wie soll man das denn bloß machen?". Noch problematischer wird es wenn man ein ganzes Stadtgeläute aufnehmen soll. Viele Städte haben ja oft mehrere Kirchen deren Glocken zu einem "Stadtgeläute" aufeinander abgestimmt sind. Eine solche Produktion hatte ich vor ein paar Jahren einmal im hessischen Alsfeld zu machen.
Nun wie macht man das? Mancher wird denken das ginge ganz einfach , daß man ein Mikrofon(paar) irgendwo auf die Straße stellt und aufnimmt. Gegebenenfalls jedes Geläute einzeln und dann einfach zusammenmischen. Aber auch das ist nicht ganz so problemlos, wie wir später noch sehen werden.

Fangen wir einmal mit den Problemen an: Nimmt man das Geläute von der Straße aus auf, bekommt man sehr viel Verkehrslärm mit auf die Aufnahme (ein schlechtes Beispiel dieser Art habe ich schon auf CD gehört: Verkehrslärm mit Glockenbegleitung!). Also bleibt nur noch der Aufstieg in den Glockenturm und die Glocken direkt in der Glockenstube aufzunehmen. Jetzt werden sicher vom einen oder anderen Einwände kommen, daß wegen des hohen Schallpegels Mikrofonübersteurungen entstehen können. Keine Angst: Nach meinen Erfahrungen ist diese nicht der Fall! Bis die Membrane eines Kondensatormikrofons an die Gegenelektrode anschlägt müssen Schallpegel entstehen bis über 150 dB[SPL]. Das ist mehr als der Schallpegel eines Flugtriebwerks in 1 Meter Abstand. Dagegen können Übersteuerungen des benutzten Mikrofonverstärkers schon eher auftreten. Aber wenn man einen Mikrofonverstärker hat den man bis auf nahezu 0 dB Verstärkung herunterschalten kann, entstehen auch hier keine Übersteuerungen. Am Mikrofon evtl.. vorhandene Dämpfungsschalter sollten nicht benutzt werden, da dies den Störabstand verschlechtert.

Nun kommt die Auswahl, Anzahl und Aufstellung der Mikrofone. Zunächst die Auswahl:
Wählen Sie in jedem Fall Kondensatormikrofone aus und zwar Druckempfänger, also Kugelcharakteristik, aber keine mit Höhenbetonung sondern mit geradem Frequenzgang, da das Geläute nach der Aufnahme im Nahfeld ohnehin schon genügend höhenintensiv ist. Nur Kugeln bringen auch den Baßbereich ohne Pegelabfall. Eine physikalische Eigenheit des Glockenklangs besteht darin, daß der sog. "Schlagton" - also den Ton den man allgemein beim läuten hört - im Frequenzspektrum überhaupt nicht vorhanden ist, sondern er wird durch das sog. "Residuumhören" vom Ohr selbst gebildet. Die Spektralanteile liegen oft eine ganze Oktave tiefer und auch weit über dem Schlagton. Den tieffrequenten Summton der Glocke beim Ausschwingen noch mitaufzunehmen, darum geht es ebenso. Und das ist am besten mit Kugelmikrofonen möglich. Großmembranige Doppelmembranmikrofone in Stellung Kugelcharakteristik bringen hier nicht das was ein einmembraniges Mikrofon als Druckempfänger bringt.

Nun zur Mikrofonaufstellung:
Prinzipiell kann man mit Multimikrofonie arbeiten und unter jede Glocke ein Mikrofon stellen, die Glocken im Tutti läuten lassen und die einzelnen Mikrofone mischen. Dadurch ist man aber ein für allemal festgelegt und man kann am Klangbild nicht mehr viel ändern. Das akustische Übersprechen ist dabei gar nicht mal so problematisch wie man vielleicht annimmt. Die bessere Lösung besteht darin, jede Glocke einzeln mit 2 Mikrofonen aufzunehmen. Dann kann man nämlich auch einfach einen portablen DAT-Recorder mit in den Turm nehmen und braucht nicht eine Menge Ständer, Kabel und sonstiges Zubehör einige 10 Meter und manchmal 100 und mehr Treppenstufen zu schleppen.
Nun wie stellt man nun die Mikrofone auf? Auf keinen Fall vor die Glocke und schon gar nicht in Bewegungsrichtung zeigend. Man bedenke: Die Glocke ist eine bewegte Schallquelle und bewegte Schallquellen erzeugen Dopplereffekte!. Die Dopplereffekte ergeben den charakteristischen "Geläuteklang". Denn eine Glocke die durch Uhrhämmer angeschlagen wird, klingt ganze anders als wenn sie geläutet wird. Die Dopplereffekte dürfen aber nicht durch eine ungeschickte Mikrofonstellung verstärkt werden. D.h.: Die Mikrofone müssen aus diesem Grund schon einen genügenden Abstand zur Glocke haben. Gehen Sie also soweit wie es geht von der Glocke weg und zwar unterhalb der Glocke, stellen Sie die Mikrofone bis fast auf den Boden. Lassen Sie sich aber auf keinen Fall dazu verleiten, die Mikrofone auf beiden Seiten der Glocke anzuordnen, sodaß nachher die Glockenschläge abwechselnd aus dem linken und rechten Lautsprecher ertönen. Solche Hörbilder wirken albern. Ordnen Sie daher die Mikrofone so an, daß ihre Verbindungslinie etwa parallel zur Aufhängung der Glocke verläuft. Elastische Aufhängungen für die Mikrofone sind nicht unbedingt erforderlich, da Druckempfänger kaum körperschallempfindlich sind. Was aber zu beachten ist, ist daß man die Mikrofone möglichst weit weg stellt von den Antriebsmotoren der Glocke, da diese mit samt der Antriebskette oft - trotz des wesentlich lauteren Glockenklanges - hörbare Geräusche abgeben. Die Mikrofone stellen Sie am besten in A/B-Aufstellung auf, wobei der Abstand der beiden Mikrofone zwischen 30 cm und 1 Meter betragen sollte. Größere Abstände sind nicht nötig, kleinere führen zu zu großer Phasenkorrelation der beiden Kanäle und damit zu einem geringen Stereoeffekt. X/Y- Anordnungen sind nicht geeignet, allein schon deshalb weil sie die Verwendung von Richtmikrofonen voraussetzen. M/S-Anordnungen mit Kugel/Acht wären ggf. brauchbar.

Diese Aufnahmetechnik erfordert natürlich die Einzelaufnahme der Glocken, die dann später zusammengemischt werden. Das Anschwingen der Glocke nach dem Einschalten dieser, muß auf jeden Fall aufgenommen werden. Beim Ausschwingen nach dem Abschalten der Glockenmotore warte man, bis der Schallpegel auf -60 dB abgefallen ist (kann ein paar Minuten dauern!) Dies setzt natürlich einen Aussteuerungsmesser voraus, der mindestens bis -60 dB anzeigt. Man sollte wegen der Ansprechzeit einen digitalen Aussteuerungsmesser verwenden, da dieser sehr kurze Ansprechzeiten hat (1 Sample), dies ist gerade wegen des starken Impulscharakters der Glockenschläge wichtig. Wie lange man die einzelnen Glocken läuten läßt, ist weniger entscheidend, da man auf einem Harddisk-Recordingsystem die Läutezeit jeder einzelnen Glocke künstlich verlängern oder verkürzen kann in dem man einfach einige Schläge kopiert und mitten einsetzt, bzw. herausschneidet, die Anzahl der eingefügten oder herausgeschnittenen Schläge sollte möglichst eine gerade Zahl sein. Denn geradzahliger Schlag und ungeradzahliger Schlag klingen nicht immer gleich! Sie werden erstaunt sein, wenn Sie auf dem HDR-System die Wellenformdarstellung der Glockenschläge sehen. Diese sind keineswegs alle gleich!

Hat man nun alle Glocken aufgenommen, werden diese in das HDR-System gespielt (Soundkarte mit digitalem Eingang sollte man haben) und dort zu einem Gesamtgeläute zusammengesetzt. Dies geschieht so, daß man die Glocken nacheinander zeitversetzt einsetzen läßt mit der kleinsten Glocke - also die mit dem höchsten Schlagton - beginnend. Danach die nächst größere u.s.w. Die zeitlichen Abstände kann man gleich halten, man kann sie aber auch quasi "exponentiell" staffeln, also die Abstände umso größer machen je größer die Glocke ist. Die wirkt dann feierlicher. Da in der Glockenstube im Nahfeld aufgenommen wurde, ist der Glockenklang ziemlich höhenbetont. Es empfiehlt sich, die Höhen etwas abzusenken. Equalizereinstellung ausprobieren bis es am schönsten klingt. Auf keinen Fall dynamikverändernde Mittel (Kompressoren, Expander, Gates etc.) einsetzen, denn ein komprimierter Glockenklang klingt scheußlich! Auch auf Zugabe von Hall vorerst mal völlig verzichten. Was auch zu empfehlen ist, die Pegel der kleineren Glocken etwas zu reduzieren, damit der Gesamtklang nicht zu sehr einen "Bimmelcharakter" bekommt. Ein mehr tiefenbetontes Geläute wirkt natürlicher. Den Stereoeffekt stellt man dann über die Pan-Pots im HDR-System ein, im einfachsten Fall auch mit Pegeldifferenzen zwischen L und R, und zwar so, daß sich ein guter Stereoeffekt ergibt. Hat man einen Korrelationsgradmesser, stelle man die Pan-Pots so ein, daß sich in der Endmischung ein Korrelationsgrad Zwischen -01....+0,3 ergibt.
Es ist auf diese Weise möglich, ein ganzes Stadtgeläute zusammenzustellen. Dabei können durchaus bis zu 20 Glocken zusammenkommen, je nach Stadtgröße und Anzahl der Glockentürme. Schwierig wird jetzt die Entscheidung wie man soviele Glocken einsetzen läßt. Man kann der Einfachheit halber mehrere Glocken gleichzeitig einsetzen lassen. Die Kernzeit - also die Zeit in der alle Glocken läuten und voll eingeschwungen sind - läßt sich am besten vorher graphisch berechnen, indem man auf Millimeterpapier die Zeiten aufträgt und die Läutezeiten der einzelnen Glocken durch Striche untereinander darstellt. Danach zieht man einen Strich an der Stelle wo die letzte Glocke voll eingeschwungen ist und einen an der Stelle wo die erste Glocke wieder ausgeschaltet wird. Die Zeit dazwischen ist die Kernzeit in der alle Glocken läuten und voll eingeschwungen sind. Ein solches Diagramm ermöglicht auch die Ermittlung der Zeiten um die man die aufgenommenen Einzelglocken verlängern muß. Nach dem die letzte Glocke ausgeschwungen ist, warte man ab bis der Summton auf -60 dB abgefallen ist, danach kann man auf dem HDR-System einen Fade-out machen. Fangen Sie bei der Endmischung auf dem HDR-System mit der kleinsten Glocke an und hören Sie mit der größten auf. Beim Ausläuten wird ebenfalls die kleinste Glocke zuerst verstummen lassen u.s.w. bis zum Schluß nur noch die größte Glocke alleine ausschwingt.
Es kommt aber noch eine schöne Rechenaufgabe auf den Tontechniker zu: Hat man alle Glocken aufgenommen und will diese dann auf dem HDR-System mischen, würde schon bei Hinzumischung der zweiten Glocke das System digital übersteuern wenn die erste Glocke mit der man anfängt mit Vollpegel (also 0 dBfs) aufgenommen ist. Um das zu verhindern, müssen alle Glocken um soviel dB im Pegel abgesenkt werden daß beim Läuten aller Glocken das System gerade mal voll ausgesteuert wird. Die Berechnung dazu erfordert etwas tiefere Kenntnis der Pegelrechnung. Da die einzelnen Glockenaufnahmen sog. "nicht korrelierte Signale" sind, können die Pegel nicht einfach durch arithmetische Addition der Momentanwerte der Signalspannungen ermittelt werden, sondern es müssen die Leistungen addiert werden. Hierbei gehen Sie wie folgt vor: Messen Sie mit dem digitalen Aussteuerungsmesser (in guten HDR-Softwareprogrammen enthalten) die Spitzenpegelwerte der einzelnen Glockenaufnahmen und notieren Sie sich diese. Der Pegel des vollausgesteuerten Digitalsystems ist ihre Referenz. Setzen Sie hierfür die Leistung "1" an ("normierte Größe"). Rechnen Sie alle Pegel die Sie sich notiert haben in eine normierte Leistung um (muß immer kleiner als 1 sein, bestenfalls gleich 1, da das digitale System nicht höher kann als 0 dBfs!). Die Formel dafür lautet: "10 hoch (dB/10)" (Taschenrechner benutzen): Da die dB der Einzelaufnahmen immer negativ aber niemals positiv sind, kommen Sie immer auf eine normierte Leistung kleiner 1. Addieren Sie nun die errechneten normierten Leistungen. Sie erhalten jetzt mit Sicherheit einen Wert der weit über 1 liegt. Rechnen Sie jetzt diesen normierten Wert wieder in dB um nach der Formel: 10 x log(P2/P1). P1 ist der normierte Pegel "1" und P2 der Wert den Sie errechnet haben. Da P2 / 1 = P2 ist lautet die vereinfachte Formel: 10 x log (P2). Sie erhalten jetzt einen POSITIVEN dB-Wert! Und dies ist Ihr "Schlüsselwert". Um diesen Wert müssen Sie die Pegel ALLER Glocken reduzieren. Sie erhalten dann alle neuen Pegelwerte als NEGATIVE dB-Werte. Erhöhen Sie den negativen Betrag noch um 1 dB, dann sind Sie sicher daß Sie keine Übersteuerung bei der fertigen Mischung aller Glocken bekommen. Sollten Sie bei der Addition wie oben beschrieben, tatsächlich einen negativen Wert bekommen - d.h., daß die Summe aller normierten Leistungen kleiner 1 ist, dann haben Sie Ihre sämtlichen Teilaufnahmen weit unterausgesteuert. In diesem Fall können Sie alle Pegel um diesen Wert erhöhen.
Noch ein weiterer Trick eine gute Glockenaufnahme zu bekommen, wenn man in das jeweilige Kirchenschiff während der Aufnahme noch eine Stereomikrofonanordnung stellt (auch hier Kondensatormikrofone in Kugelcharakteristik verwenden!): Hier darf auch der gegenseitige Abstand der Mikrofone mehrere Meter betragen, damit die Signale geringe Korrelation haben. Dieses Signale mische man der Glockenaufnahme hinzu. Sie bewirkt eine Verstärkung der tieffrequenten Summtöne der Glocken.

Auf die hier beschriebene Weise lassen sich ganze Glockenspiele mit regelrechten Fantasiemelodien erstellen. Mißt man sich die Anlaufzeiten der einzelnen Glocken genau aus, also vom Einschalten bis zum ersten Schlag, ebenso die Ausschwingzeiten also vom Ausschalten der Glocke bis zum letzten Schlag, kann man solche Glockenspiele sehr gut auf einem HDR-System simulieren. Markiert man nun mit dem PQ-Editor des HDR-Systems die Start- und Stopzeiten der einzelnen Glocken, so hat man auch gleich die Start- und Stopzeiten für eine programmierbare Turmuhr. Der Verfasser hatte ein solches Glockenspiel für die Sylvesternacht 1999/2000 für seine Heimatstadt komponiert was sehr gut bei der Bevölkerung ankam und wir werden dies für den Anbruch des 3.Jahrtausends (2000/2001) wiederholen. Auch die o.g. Produktion des Stadtgeläutes der oberhessischen Stadt Alsfeld (europäische Modellstadt!) wurde auf diese Weise erstellt.

Und noch ein paar wichtige Hinweise: Bitte verlassen Sie bevor die Glocken eingeschaltet werden unbedingt die Glockenstube, denn schwingende Glocken sind eine Gefahr für Personen die in unmittelbarer Nähe stehen. Glocken die in voll eingeschwungener Bewegung sind üben das ca. 2,5-fache ihres Gewichtes auf die Lager aus! Und ein abbrechender Klöppel ist wie ein Geschoß lebensgefährlich (habe schon gebrochene Klöppel gesehen...). Nehmen Sie sich also in jedem Fall genügend Kabel mit, damit Sie mir dem Aufnahmegerät an einen sicheren Platz im Turm gehen können. Mithören am besten über geschlossene Kopfhörer.
Benutzen Sie in jedem Fall für die Mikrofonkabel 2-adrig abgeschirmte Leitungen und einen DAT-Recorder mit symmetrischen Mikrofoneingängen. Hat dieser nur unsymmetrische Eingänge, sollten Sie unbedingt Symmetrierübertrager direkt vor den DAT-Recorder schalten. Die Mikrofone müssen dann ggf. mit einem eigenen Netzteil (ist von jedem Mikrofonhersteller erhältlich) oder mit eingebauten Batterien versorgt werden. Die Symmetrische Technik ist gerade bei diesen Aufnahmen erforderlich, da die Läutemaschinen durch ihre dauernde Umschaltung ihrer Drehrichtung hochfrequente Störimpulse aussenden können die dann als ständige Knacker auf der Aufnahme zu hören sind. Auch die Eingänge des DAT-Recorders müssen HF-dicht sein.
Achten Sie darauf, daß die Glocke gleichmäßig schwingt. Ist dies nicht der Fall, informieren Sie die dafür zuständigen Stellen, damit ein Servicetechniker diesen Mißstand behebt. Meist sind es dejustierte Steuermechanismen der Glockenmotore. Versuchen Sie auf keinen Fall selbst den Steuermechanismus der Läutemaschinen zu justieren, das ist nicht ganz einfach und bei falsch eingestelltem Steuerapparat kann die Glocke durch den sich daraus ergebenden falschen Klöppelanschlag zerspringen Es kann zu sog. "Prellschlägen" kommen. Das wird dann teuer...

Viel Erfolg!