Die Kaiserglocke: Größte deutsche glockentechnische Tragödie
Am 10. Dezember 1870, in der Mitte des deutsch-französischen Krieges, schrieb der Zentrale Dombauverein (ZDV) einen Bittbrief an die preußische Regierung. Sie baten um eine Anzahl
erbeuteter Kanonen. Die Kanonen sollten für eine Glocke eingeschmolzen werden, die den Schlagton "C" haben sollte und 25-27 Tonnen schwer werden sollte. Als Reverenz gegenüber dem deutschen Kaiserreich
sollte sie "Die Kaiserglocke" heißen. Ein halbes Jahr später ließ Wilhelm I. 500 Zentner Geschützbronze von 22 französischen Kanonen den Kölnern zukommen. Der Glockengießer Andreas Hamm erklärte sich
bereit, die Glocke zu gießen. Er wurde per Vertrag verpflichtet, den Ton "C" auch genau zu treffen. Doch der erste Guss misslang. Am 13. November 1873 erfolgte ein zweiter Guss. Doch auch dieser Guss war
nicht zufriedenstellend. Also Neuguss!! Die Reinheit des Tones konnte immer noch nicht ganz erreicht werden. Aber es wurde kein vierter Guss beschlossen; vielmehr sollten der Klöppel und die Aufhängung geändert
werden. Beim Probegeläut wurde jedoch festgestellt, dass statt einem gefordertem "C" die Glocke ein hohes "Cis" angibt, welches dem Ton "D" sehr nahekommt. Doch es kam noch schlimmer!
Am 7. August 1878 wurde die Kaiserglocke in den Südturm hinaufgezogen. Gut zwei Dutzend Deutzer Kürassiere hingen in den Seilen, wenn die Kaiserglocke läuten sollte. 30 Jahre lang misslangen die Versuche, wenigstens
einen technisch einwandfreien Anschlag zu erzielen. Im Volk wurde die Kaiserglocke "Die große Schweigerin" oder einfach "Die Stumme von Köln" genannt. Am Pfingstsamstag, dem 6. Juni 1908,
löste sich der Klöppel der Kaiserglocke und stürzte ins Eisenwerk des Glockenstuhls. Die Glocke, 3,25 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 3,42 Metern und wiegt 27075 Kilogramm. Der Klöppel ist 1050 Kilogramm
schwer und besitzt eine Länge von 3,13 Metern. Am 19. Juni 1909 installierte man nach zahlreichen Änderungen eine elektrische Läutemaschine. Bei dieser Gelegenheit wurden alle Glocken mit Läutemaschinen ausgerüstet.
Bis dahin waren für ein volles Geläut 53 Mann erforderlich. Jetzt konnte auch die Kaiserglocke endlich technisch einwandfrei geläutet werden. Von März bis Juli 1918 wurde die Glocke zerlegt und für die
Herstellung von Waffen eingeschmolzen. Von der Glocke selber ist nur noch eine Sache vorhanden: Ein vorübergehend benutzter Kugelklöppel. Er befindet sich heute in der Glockenstube und liegt vor der Petersglocke.
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